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Liebe Gästinnen und Gäste !
Ich freue mich, daß Ihr alle hier seid, und begrüße
Euch ganz herzlich.
Die Jahre vergehen, und die Partys werden größer. Man
trifft ja auch immer wieder neue Freunde und Kollegen und bleibt trotzdem mit
den alten in Kontakt - mit manchen kontinuierlich, mit manchen sporadisch, aber
es ist doch immer wieder schön, sich zu sehen.
Besonders freue ich mich über das eine oder andere
Gesicht, das ich schon auf meiner ersten eigenen Party in Hamburg gesehen habe,
meinem Geburtstag 1976 in der Bellealliancestraße 37.
Ich war damals frisch aus Berlin nach Hamburg
eingewandert, und die Hamburger Musikszene hat mich mit offenen Armen
aufgenommen. Dafür bin ich Hamburg dankbar, und ich bin ja über die Jahre dann
auch hier hängengeblieben. Aus Berlin treffe ich heute nur noch selten den
einen oder die andere, was mich dann natürlich umso mehr freut.
Einige Kollegen und Kollegen aus Berlin, Hamburg und
anderswo weilen leider nicht mehr unter uns - Bernd Gärtig, Max Macmillan, Jim
Hopkins, Hoddel, Sikota Toza, Christine Clinton, Juanita Marengo und noch einige
mehr. Laßt uns ihrer gedenken - your soul goes marching on !
JAH - RASTAFARI !
Aber auch einige der Überlebenden kriegt man immer
seltener zu Gesicht - viele verkriechen sich in ihren Löchern, die Hamburger
Musikszene hat sich ziemlich verlaufen und ausgefranst.
Eins der einschneidendsten Ereignisse in dieser Richtung
war ja leider die Schließung des Pö, wo sich alles getroffen hat und das für
mich fast wie mein zweiter Wohnsitz war - nicht nur deswegen, weil meine
Freundin Sylke hinterm Tresen stand und ich mir um mein Bier keine Sorgen zu
machen brauchte. Mit ihr bin ich, nebenbei gesagt, seit 12 Jahren auseinander
und wir haben zusammen eine vierjährige Tochter.
Ich wünsche uns, daß wir bald wieder einen solchen
Treffpunkt bekommen, wo wir uns dann öfter sehen werden. Bis dahin gibt's
hoffentlich noch jede Menge Partys.
In den Achtzigern hatten wir dann noch das Tropical
Brasil auf dem Spielbudenplatz, wo jetzt die Hamburger Kalahari ist. Dort hatte
ich auch meine letzte große Party, zu meinem fünfunddreißigsten Geburtstag.
Auch von dieser Party freue ich mich, heute einige Gesichter wiederzusehen. Da
haben wir auch live Musik gemacht, wofür es hier doch ein bißchen knapp mit
dem Platz ist. In der Richtung denke ich daran, zu meinem Fünfzigsten wieder
was zu veranstalten.
Wie auch immer, die Siebziger und Achtziger sind
vorbeigeflogen, und heute tritt die Live-Musik immer mehr gegenüber der
Studioproduktion in den Hintergrund.
Das führt mich auch zu dem Anlaß, zu dem wir uns heute
hier versammelt haben: Wir weihen heute unser neues Studio ein und stellen es
der Szene und der Öffentlichkeit vor.
Es war ein langer Weg bis hierher - angefangen 1983 mit
einer Otari-Achtspur, ein paar Keyboards und einer von meinem langjährigen
Freund und Kollegen Wolfgang Timpe ausgeliehenen Linn Drum.
1988 kam dann der erste MIDI- Computer dazu, der damals
allseits beliebte Commodore 64. Er steht heute noch im Studio, weil ich viele zu
der Zeit angefangene Sachen noch nicht fertig habe.
1992 kam dann, nach Um- und Ausbau in der Holstenstraße,
die Fostex 16-Spur, der Atari , das Dayner-Pult und so einiges an Peripherie.
Wir waren in gewissem Rahmen für professionelle Produktionen gerüstet.
Aber noch immer war der Aufnahmeraum gleichzeitig mein
Wohn- und Schlafzimmer, was zwar zu manchen Gelegenheiten durchaus angenehm war,
aber insgesamt etwas eng.
Es ereignete sich dann, daß im Zuge der hierzulandigen
Drogenpolitik der Bierkonsum der Deutschen so stark anstieg, daß die
Holsten-Brauerei ihre Fabrikanlagen erweitern und das Haus in der Holstenstraße
abreißen mußte. Im Verlauf der Umsetzung der Mieter bekam ich dann diese Räume
fürs Studio und dazu noch eine kleine Wohnung oben. Ich möchte der
HOLSTEN-Brauerei dafür an dieser Stelle unseren Dank aussprechen.
Es war zwar ein harter und langwieriger Akt, das ganze
Studio ab- und wieder aufzubauen - aber er hat sich gelohnt. Heute haben wir
hier, das darf ich sagen, eine wirklich angenehme Arbeitsatmosphäre.
Wir hatten zwar gerade eine Anfrage betreffs einer
Produktion mit einer 40-köpfigen Blaskapelle - dieser mußten wir aus Platzgründen
dankend absagen. Aber es läßt sich hier schon so einiges machen - und die
meisten Instrumente spielt man ja heute doch über MIDI ein - da kann man, wenn
man mal danebenhaut, die Noten mit der Maus durch die Gegend schieben.
Im Zuge der räumlichen Erweiterung sind dann auch wieder
technische Neuerungen hinzugekommen - so u. a. drei ADATs mit 24 Spuren,
erweiterbar bis zu 128 Spuren, ein weiteres Mischpult - wir haben jetzt bis zu
146 Mixkanäle, das ist soweit mir bekannt ist, Rekord in Hamburg.
Unser Steinway-Flügel, ein altes Familienerbstück, ist
komplett restauriert worden und klingt wie neu.
Unsere neueste Errungenschaft ist ein komplettes
DAUZ-Drumpadkit, mit dem wir Live-Drums über MIDI einspielen können und so die
Brücke schlagen zwischen Live-Groove und dem sauberen Sound und den
komfortablen Nachbearbeitungsmöglichkeiten des MIDI-Systems. So kann man sich
auch bei live eingespielten Drums noch bei der Endmischung aus Hunderten von
Bass drums, Snares etc. die passenden aussuchen. Außerdem hängt das Teil mit
am Lautstärkeregler, falls unser Nachbar aus dem zweiten Stock mal wieder
meckert.
Insgesamt sind wir technisch mit allem ausgestattet, was
man für hochwertige Musikproduktionen braucht, auch wenn wir auf den
allerletzten digitalen Schnickschnack bis jetzt noch verzichtet haben. Solange
sich die sogenannten Echtzeit- Bearbeitungszeiten im Millisekundenbereich
bewegen, groovt das irgendwie noch nicht so richtig.
Ich möchte mich über die Technik auch nicht weiter
auslassen, alle Details stehen in unserem Studio Info, das im Office auf dem
Tisch liegt und sich jeder, der noch keins hat, eins von mitnehmen kann.
Bei uns steht die Technik nicht so im Vordergrund wie bei
anderen Studios, sie ist einfach da, wenn man sie braucht. Wir verstehen uns als
künstlereigenes Studio, das überwiegend künstlerorientiert arbeitet.
Was uns aus der (man muß leider schon sagen) Masse der
Studios heraushebt, ist das kreative Potential unseres Studio Teams, das aus
Musikern, Komponisten und Arrangeuren besteht.
Ich darf hier neben meiner Wenigkeit als erstes meinen
langjährigen Partner noch aus der Holstenstraßen-Zeit nennen, Sammy Otto,
Tontechniker, Sänger, Gitarrist und Komponist. Sammy ist inzwischen in seinem
eigenen Heimstudio sowie bei smART PRODUCTion in Buchholz so stark eingespannt,
daß wir ihn in letzter Zeit nur noch bei besonderen Aufträgen zu Gesicht
bekommen. Sam's musikalisches Spezialgebiet ist die Rockmusik.
Ebenfalls ein Sprungbrett ist BOGIE'S YARD gewesen für
Florian Buba, der mit seiner Band REIMZIG hier Demos aufgenommen hat. Ein paar
Monate später sind REIMZIG als norddeutsche Gewinner des Emergenza-
Nachwuchsbandwettbewerbs nach Paris geflogen. Nebenbei hat er noch einen Job im
Regiebereich einer Filmproduktion ergattert und legt ab und zu auch noch als DJ
auf. Bei uns wirkt Florian als Tontechniker, MIDI-Programmierer, Drummer und
Komponist mit, Spezialgebiet Dance und Hip Hop.
Neu im Team und seit einigen Wochen konstant dabei ist
Renke Bahlmann, ein junger talentierter und in der SAE ausgebildeter Audio
Engineer, MIDI-Programmierer und Komponist – letzteres insbesondere im
Industrial-nahen Bereich -, sowie seit neuestem auch Live-Mixer und Technischer
Leiter bei den LIONS. Renke fuchst sich sehr schnell auf unser Studio ein, es
ist ein schönes Arbeiten mit ihm und ich kann mir durchaus eine lange,
kontinuierliche Zusammenarbeit vorstellen nach den vielen Umbesetzungen, die wir
in den letzten Jahren hier hatten.
Last but not least möchte ich Euch unsere neue
Spitzenkraft im Bereich Büro, Management und Kundenbetäubung - nee das heißt
Kundenbetreuung - Marlies Haag vorstellen. Marlies hat über 10 Jahre in einer
namhaften Major Company hier in Hamburg mitgewirkt und ich freue mich besonders,
daß sie ihren reichen Erfahrungsschatz aus diesem Gebiet hier in unser Haus
einbringt. Ihr verdanken wir auch unsere erste goldene Schallplatte. Die hängt
drin an der Wand und darunter ist noch Platz für mehr davon.
Die Musik, die Ihr auf der Party gehört habt und noch
weiter hört, ist ein Kreuz- und Querschnitt durch einiges, was wir in den
letzten fünfzehn Jahren produziert haben. Es ist eine bunte Mischung aus
Skizzen, Demos, Rough mixes, in Arbeit befindlichen und fertigen Produktionen,
eigenen und Auftragsproduktionen, quer durch alle Stilrichtungen - wobei bei uns
Black music und insbesondere Reggae den Mittelpunkt bildet.
Im Mittelpunkt stehen bei uns auch THE LIONS.
Zunächst einmal sind THE LIONS die Band, mit der ich zur Zeit live
unterwegs bin. Hier im Studio sind wir mit den LIONS mitten in der Produktion
ihres dritten Albums mit dem Titel "WORLD PIRATE".
Die Produktion hat sich durch den bedauerlichen
Mordanschlag auf den LIONS-Lead-Sänger Paps Natty General, von dem Ihr
sicherlich in der Zeitung gelesen habt, leider um einige Zeit verzögert. An
dieser Stelle besonderen Dank allen Schutzengeln, die ihm das Leben gerettet
haben, insbesondere den Notärzten der Feuerwehr, dem Bundeswehrhubschrauberteam
und der Chirurgie des Universitätskrankenhauses Eppendorf. JAH RASTAFARI !
Am 26. Oktober geben THE LIONS ein Benefizkonzert im und
für das U. K. E., bitte merkt Euch diesen Termin vor.
Die Maxi-Single "Kulum Kalaim" haben wir mit
den LIONS bereits fertig und wir hoffen, daß wir bald einen kompetenten
Industriepartner zur Veröffentlichung finden.
Weiterhin möchte ich unser im Aufbau befindliches Label
EURAF recordings erwähnen - der Name steht für EURopa und AFrika. Auch für
das Label suchen wir einen starken Partner für Vertrieb, Marketing und
Promotion. Das tun wir schon seit einiger Zeit, und jeder Insider weiß, wie
schwer dies in der heutigen Branchenlandschaft ist.
Für alles gibt es den richtigen Zeitpunkt, und wenn der
gekommen ist, wird es passieren.
Was jetzt gleich passieren wird, ist die feierliche
Einweihungszeremonie.
Vorher noch ein paar Hinweise: Wie gesagt, im Office
liegen Studio Infos; außerdem das Manuskript dieser Ansprache, wer es gern zur
Erinnerung mitnehmen möchte. Des weiteren ein Gästebuch – wir würden uns
freuen, wenn sich alle Anwesenden darin eintragen.
Anschließend kann, darf und soll auch jeder, der Lust
hat, das Mikrophon ergreifen und noch etwas sagen.
Und jetzt reiche man mir die Sektflasche. Ich fülle sie
in einen Metallpott um, damit hier niemand durch herumfliegende Scherben
verletzt wird.
Ich taufe Dich, Haus und Studio, auf den Namen BOGIE'S
YARD HAMBURG. Mögest Du allen heute hier Anwesenden und allen wann immer hier
Schaffenden Glück, Inspiration, Kreativität und nicht zuletzt Erfolg bringen -
ganz besonders den Kindern, die unser aller Zukunft sind. Einen besonders lieben
Gruß an meine Tochter LIZA JO, die um diese Zeit schon schläft.
JAH - RASTAFARI !